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Ab welchem Alter Patenschaft bzw. Gevatter

Verfasst: 29.08.2015, 11:55
von Gerhardus 1
Liebe Mitstreiter,

ich habe soeben eine Vorfahrin in Geroda (damals Hessen, heute Bayern) von mir gefunden, bei der ich nicht weiß, ob sie schon Gevatterin sein konnte.

Es handelt sich um eine Margaretha Wirth (die Schmied´s Tochter), die am 13.10.1676 ev.-luth. getauft wurde.
Als Gevatterin habe ich eine Margaretha Schneider, deren Vater Schmied war. Sie wurde am 22.08.1665 ev.-luth. getauft.

Jetzt die genaue Frage: Konnte zu der damaligen Zeit ein Mädchen Gevatterin sein? Wie ist dies in anderen Jahrhunderten (16., 17., und 18. Jahrhundert) und unterscheidet man Mädchen und Jungen?

Verfasst: 29.08.2015, 15:40
von bjew
Hallo,
zunächst würde ich das "-in" schon als Kennzeichen für weiblich sehen .....

Gevatterin, Taufpatinb , Patin etc.
da würde ich zu der Zeit einfach mal sagen, dass es auf das nähere Umfeld ankam.
12jährig war man damals durchaus heiratsfähig, also auch geeignet als Patin. Komm
auf die sozialen Umstände so kurz nach dem 30jährigen Krieg und den folgenden Umtrieben undweitern Kriegshandlungen an. Wichtig dabei ist auch, gab es in der Region (schon wieder) eine ausreichende Bevölkerung, wie eng waren die konfessionellen Grenzen und damit verfügbaren "geistigen Verwandten".

Verfasst: 29.08.2015, 15:59
von Gast
Hallo Bernhard,

vielen Dank für Deine Antwort, die mir sehr stark einleuchtet. Ich werde versuchen, weitere Erkundigungen einzuziehen, da andere Mitstreiter anderer Meinung sind.

mfg

Gerhardus (Gerhard)

Verfasst: 30.08.2015, 14:38
von bjew
ist klar. gerade in der beziehung gehen die Meinungen oft sehr weit auseinander.
Insbesondere, wenn man heutigen Gebrauch als gültig sieht und in die Vergangenheit projiziert und dabei übersieht, dass es auch andere Zeiten gab.
Du solltest hier evtl. regionale/Heimatkundliche Literatur zu Hilfe nehmen, denn nur die kann dir letztendlich sicherere Info geben. Mitunter gibts auch Informationen beim kirchlichen Archiv

Verfasst: 30.08.2015, 15:00
von bjew
aus https://de.wikipedia.org/wiki/Ehem%C3%BCndigkeit :

Kanonisches Recht der römisch-katholischen Kirche

Nach can. 1083 CIC liegt das Mindestalter für Frauen bei 14 und für Männer bei 16 Jahren. Ein jüngeres Alter ist ein Ehehindernis kirchlichen Rechts, welches nicht dispensfähig ist. Zusätzlich ist nach can. 1071 §1 2° für eine Eheschließung, die nach Vorschrift des weltlichen Gesetzes nicht anerkannt oder vorgenommen werden kann, die vorherige Erlaubnis des Ortsordinarius (Bischof) einzuholen. Und nach can. 1072 soll bei Jugendlichen Einfluss darauf genommen werden, dass sie das übliche Alter nach Landessitte berücksichtigen. (Katholisches Eherecht)

Wenn man nun berücksichtigt, dass in jenen Zeiten Alter relativ war, also nicht jeder sicher wusste, wie alt er wirklich war, sondern nur so ungefähr .......

Verfasst: 01.09.2015, 09:39
von h&g125
@ Bernhard
Es geht hier nicht um Heiratsfähigkeit nach römisch katholischem Recht, sondern um (Tauf-) Patenschaft im frühen Protestantismus!
Nach heutigem protestantischen Verständnis sind Patenschaften mit der Konfirmation möglich, also mit ca. 13 bis 14 Jahren, ohne Ansehen des Geschlechts.
Wie das in der Zeit kurz nach dem Dreißigjährigen Krieg gehandhabt wurde, bleibt nachzuforschen ...
LG. Harald

Verfasst: 01.09.2015, 14:43
von bjew
das bedeutet nichts anderes, als ich geschrieben habe.
mein Bezug war auch hauptsächlich auf katholisch, auch wenn ich weiss, dass Franken eher protestantisch ist. Dein Suchbereich ist kurmainzisch?

Wie ich auch geschrieben habe, war das auch eine Vermutung, dass dass das ALter diesbezüglich korreliert sein könnte.

Bei weiterem Lesen zeigt sich - wieder bezogen auf heiratsfähigkeit - dass die genannte kirchliche Vorschrift eine Soll-Vorschrift ist, mit der das heiratalter angehoben werden sollte. Aber dort heisst es aber auch, dass auf die ortsüblichkeit abgesetzt werden soll (also auch nach unten möglich - auch wenn es nicht suspensfähig sein sollte).

Ich weiss aus anderen Regionen (z.B. Pfalz), dass dort die Heiratsalter bewusst niedrig angesetzt waren (teilweise < 12 Jahre), um den Bevölkerungszuwachs zu fördern.

Zurück zu Patenschaft. Alles was gefunden habe, dass dazu keine Alterangaben gemacht wurden, sondern lediglich auf den Paten/die Patin bezogen wurde, ausdrücklich ohne Altersangaben !!!!!!

Andererseits war eine Patenschaft in nicht so ferner Vergangenheit nicht nur eine formale Funktion, sondern sie brachte auch gewichtige Verpflichtungen mit sich. Und da dürften sich die Katholen und Evangelen nicht sehr unterschieden haben.
Aus den Verpflichtungen ergibts sich aber eigentlich schon, dass der Pate ein gewisses Alter erreicht haben sollte, um diese Verpflichtungen im Zweifel auch erfüllen zu können. Verpflichtung des Paten ist an diversen Stellen mit Sicherheit zu finden.
Jedenfalls waren sie so gravierend, dass der Pate als "geistiger Verwandter" eingestuft wurde und Patenschaft als ehehindernis galt.

Da in der Bibel diesbzüglich mit grosser Wahrscheinlichkeit keine Angaben enthalten sind, darf man - denke ich - davon ausgehen dass die damaligen Evangelen hier auch nichts "erfunden" haben, ausser dass die die Üblichkeiten der kath. Kirche übernommen haben.
Staatsrechtlich dürfte dazu auch wenig zu finden sein, da die ausführenden Organe die Pfaffen waren, egal ob kath oder protestantisch.
Hast du schon mal überprüft, wer in der fraglichen Pfarrei die Handlungen ausführte? der der jeweiligen Religion angehörige Pfarrer, oder der, der "da" war?
Kann mich hier auch wieder nur auf die Pfalz beziehen. Dort war der Pfarrer zuständig, der der Pfarre zugewiesen war, also auch der einer andern Relionsgemeinschaft. Erschwerend, dann noch, dass dann unterschiedliche Zuständigkeiten für Gottesdienst und andere seelsorgerische Handlungen!!!!!
Hört sich aus heutiger Sicht blöde an, war aber so, Der Pfarre bekam, wenn überhaupt, etwas Geld vom Landesherrn, aus den Pfründen und ansonsten lebte er von den Stolgebühren.

Verfasst: 01.09.2015, 18:36
von Gerhardus 1
Hallo an alle die sich mit meiner Frage auseinandergesetzt haben,
ich freue mich darüber, dass meine Frage doch den einen oder anderen dazu bewogen hat, sich mit dem Thema Patenschaft auseinanderzusetzen.
Alle die hierzu eine Antwort geschrieben haben, haben mich dazu bewogen, Literatur zu diesem Thema zu beschaffen. Als nächstes werde ich in Büchereien nach Literatur zum Thema Protestantismus im 17. Jahrhundert in Hessen und Bayern suchen. Danach werde ich mit dem Julius-Spital in Würzburg Kontakt aufnehmen, da dort viele Unterlagen des Ortes verwahrt werden. Vielleicht gibt es dort zu diesem Thema schriftliche Hinterlassenschaften.
Ich bin gespannt, was zu diesem Thema noch alles herauskommt.
Sobald ich etwas definitives weiß, werde ich dieses hier veröffentlichen.

Verfasst: 01.09.2015, 19:09
von bjew
hab da noch was gefunden : http://www.ekkw.de/media_ekkw/downloads ... fpaten.pdf ab Seite 4, vorletzter Absatz

Verfasst: 01.09.2015, 19:30
von Gerhardus 1
Hallo Bernhard,

der Link ist sehr, sehr interessant.
Im besonderen, Kapitel 2 "Zur Entwicklung und zu den Wandlungen des Taufpatenamtes" und im Kapitel 3 der Satz "Insofern ist die Ausübung des Patenamtes deutlich erkennbar ein Vorrecht der "erwachsenen Christenmenschen", und die Konfirmation selbst hat - trotz aller Wandlungen - die Funktion eines "Patenexamens" behalten.

Wenn ich dieses Papier richtig verstehe, dann ist es theoretisch möglich gewesen, auch als junger Mensch schon ein Patenkind zu haben, wenn die Eltern den Paten unterstützt haben.

Verfasst: 01.09.2015, 21:49
von bjew
siehste, dann sind wir uns im Kern ja einig