Abkürzungen in Kirchenbüchern

Allgemeine Fragen zur Ahnenforschung und alten Begriffen
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Torquatus
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Abkürzungen in Kirchenbüchern

Beitrag von Torquatus »

Hallo,

ich stoße immer wieder darauf, dass in alten Kirchenbüchern (so 1650 -1800) ständig wiederkehrende Worte mit einer Schleife abgekürzt wurden. Diese Schleife sieht wie ein übergroß geschriebenes "kleines L" aus und hat meist Ober- und Unterlänge. Besonders häufig kommt das bei Ortsnamen vor.

In den untenstehenden Beispielen sind es die Worte "Gemeinsmann" und "Schultheiß", die so abgekürzt wurden. Der ausgeschriebene "Gemeinsmann" war übrigens auf der selben Seite wie der abgekürzte.

Nun meine Frage: War das damals allgemein üblich oder scheint das nur eine Marotte der hiesigen Pfarrer gewesen zu sein?
Gruß, Torquatus

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Heiko10
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Beitrag von Heiko10 »

Hallo Torquatus,

diese Kennzeichnung doppelter Buchstaben war üblich, meine Großeltern haben noch so geschrieben. Hier ein ganz ausführlicher Link zum Thema http://www.spatium-magazin.de/%c2%bbtyp ... ng/311.php

mfG

Heiko
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Torquatus
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Beitrag von Torquatus »

Hallo Heiko,
Heiko10 hat geschrieben:diese Kennzeichnung doppelter Buchstaben war üblich, meine Großeltern haben noch so geschrieben. Hier ein ganz ausführlicher Link zum Thema http://www.spatium-magazin.de/%c2%bbtyp ... ng/311.php
vielen Dank für diesen Link.

Auch ich durfte in der Schule diesen Strich über n und m noch verwenden. Das ist mir noch so geläufig, dass ich erst jetzt durch Nachsehen im Duden erkennen musste, dass das heute nicht mehr zulässig ist :wink:

Aber mir ging es bei meiner Frage um die Abkürzungen am Wortende.
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Chlodwig
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Re: Abkürzungen in Kirchenbüchern

Beitrag von Chlodwig »

Torquatus hat geschrieben:War das damals allgemein übl. oder scheint das nur eine Marotte der hies. Pfarrer gewesen zu sein?
Abkürzg. waren damals ebenso übl. wie heute bei schreibfaulen Leuten, insbes. wenn z.B in Kirchenbüchern immer wieder die gleichen Floskeln vorkamen. Ich habe das bei vielen Texten gefunden, so wie in dem nachfolg. "Übergabsbrief" aus d. J. 1760:

ab Zeile 6: "...Herrschafftl: Ratification seinem freuntl: Ehelaibl: Sohn Simon, auch all seiner Erben, Nembl: seinen eine Zeitlang ingehabt genuzt: und genossenen Erbrechts Halben Hof..."
usw.

Der Doppelpkt. fungierte damals sowohl als Abk.-zeichen wie auch als Bindestr.

Naja, viel Spaß b. Entziffern, ich habe es schon.

Chl.
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Torquatus
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Re: Abkürzungen in Kirchenbüchern

Beitrag von Torquatus »

Hallo Chlodwig,
Chlodwig hat geschrieben:Der Doppelpkt. fungierte damals sowohl als Abk.-zeichen wie auch als Bindestr.
herzlichen Dank, genau das war es, was ich wissen wollte :)

Das war damals also allgemein üblich, nicht nur in Nordbaden, sondern auch in Ostbayern, also weitverbreitet, so dass man annehmen muss, dass das an den Schulen auch so gelehrt wurde. Siehe Anhang.

Gut zu wissen. Mein schlechtes Gewissen, dass ich da evtl. etwas falsch interpretiere, kann ich abschalten :twisted:
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Heiko10
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Re: Abkürzungen in Kirchenbüchern

Beitrag von Heiko10 »

Torquatus hat geschrieben:...Das war damals also allgemein üblich, nicht nur in Nordbaden, sondern auch in Ostbayern, also weitverbreitet, so dass man annehmen muss, dass das an den Schulen auch so gelehrt wurde. interpretiere, kann ich abschalten
Hallo,

ob es an Schulen gelehrt wurde in Bezug auf das Schreiben, weiß ich nicht. Aber der Doppelpunkt erinnert an das Wiederholungs-Zeichen bei der Musiknotation.

mfG

Heiko
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Torquatus
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Re: Abkürzungen in Kirchenbüchern

Beitrag von Torquatus »

Hallo heiko,
Heiko10 hat geschrieben:
Torquatus hat geschrieben:...Das war damals also allgemein üblich, nicht nur in Nordbaden, sondern auch in Ostbayern, also weitverbreitet, so dass man annehmen muss, dass das an den Schulen auch so gelehrt wurde.
ob es an Schulen gelehrt wurde in Bezug auf das Schreiben, weiß ich nicht. Aber der Doppelpunkt erinnert an das Wiederholungs-Zeichen bei der Musiknotation.
aha, das spricht noch mehr dafür, dass es zusammen mit der "Schleife" ein Auslassungszeichen war :oops:

Vermutlich hat sich durch diese Abkürzungen sogar eine "Behördensprache" nach dem "Schreiben" entwickelt. So scheint sich aus dem "Gerichtsmann" im Laufe der Zeit das Wort "Gerichts" herausgebildet zu haben, denn in Texten erscheint nach und nach immer häufiger nur noch "Gerichts" (nun ohne Abkürzungszeichen). In Texten heißt es dann "Hans Müller, des Gerichts zu Hintertupfing ehel: Sohn".

Das Byke lässt grüßen :twisted:
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Chlodwig
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Re: Abkürzungen in Kirchenbüchern

Beitrag von Chlodwig »

Torquatus hat geschrieben: das spricht noch mehr dafür, dass es zusammen mit der "Schleife" ein Auslassungszeichen war

Vermutlich hat sich durch diese Abkürzungen sogar eine "Behördensprache" nach dem "Schreiben" entwickelt.
Ja, Abkürzungspunkt, Bindestrich und Auslassungszeichen. Der Doppelpunkt war auch noch so etwas wie Komma oder Gedankenstrich, s. die erste Zeile des Textes: "Simon Stockhpauer, Pauer: und Wittiber zu Ferzing. Bekennt und übergibt..."
Dann gibt es auch noch so eine Art Ersatzzeichen wie die lange Schleife, das ohne Doppelpunkt eine Abkürzung darstellt.

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Re: Abkürzungen in Kirchenbüchern

Beitrag von Chlodwig »

Torquatus hat geschrieben: das spricht noch mehr dafür, dass es zusammen mit der "Schleife" ein Auslassungszeichen war

Vermutlich hat sich durch diese Abkürzungen sogar eine "Behördensprache" nach dem "Schreiben" entwickelt.
Ja, Abkürzungspunkt, Bindestrich und Auslassungszeichen. Der Doppelpunkt war auch noch so etwas wie Komma oder Gedankenstrich, s. die erste Zeile des Textes: "Simon Stockhpauer, Pauer: und Wittiber zu Ferzing. Bekennt und übergibt..."
Dann gibt es auch noch so eine Art Ersatzzeichen wie die lange Schleife, das ohne Doppelpunkt eine Abkürzung darstellt.

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Heiko10
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Beitrag von Heiko10 »

Im Internet gibt es einfach alles!

Hier zum Thema Abkürzungen im Mittelalter, allerdings für das Latein. Der Doppelpunkt steht auf Seite XXVi und XXVIII.

Hier der Link zu dem Werk: Cappelli, Adriano: Lexicon Abbreviaturarum. 2. verb. Aufl. Leipzig 1928. Mittelalterliche Brachygraphie.

http://inkunabeln.ub.uni-koeln.de/vdibP ... app23.html

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christoph
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Re: Abkürzungen in Kirchenbüchern

Beitrag von christoph »

Hallo zusammen!

Die Diskussion ist echt interessant, zumal auch ich oft über Texten sitze und mir helfen lassen muß.
Was mich etwas "stört", ist die Tatsache, dass Ihr nach fest fundamentierten Regel sucht. Ist nicht böse gemeint, aber der Duden kam erst später. Grundlagen für die Rechtschreibung hat Luther bei der Bibelübersetzung gelegt, indem er „dem Volk aus Maul geschaut“ hat.
Schulen waren, wenn es sie gab, nur im Winter voll besucht. Oft bautechnisch mangelhaft und als Lesebuch diente - zumindest in meiner Region- „Das Neue Testament“. Schullehrer konnte der werden, wer des Lesens und Schreibens mächtig war. Allerdings war der Dorfschullehrer einer der Ärmsten im Ort.
Da glaube ich nicht an feste Regeln.
Dies alles nehmt weder als Vorwurf noch als Maßregelung auf. Es sind nur meine Gedanken, die ich beim Lesen, nach einem recht langen Tag, so habe.
Lest Eure Texte eventuell mal mit diesem Hintergedanken und findet für jeden „Schreiber“ eine eigene Regel.

Viele Grüße
Christoph
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Torquatus
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Re: Abkürzungen in Kirchenbüchern

Beitrag von Torquatus »

Hallo Christoph,
christoph hat geschrieben:Was mich etwas "stört", ist die Tatsache, dass Ihr nach fest fundamentierten Regel sucht. [ ..... ] Da glaube ich nicht an feste Regeln.
wir schrieben über Kirchenbücher. Und selbstverständlich meinte ich mit Schulen die, in denen damals Theologen ausgebildet wurden. :roll:
Gruß, Torquatus

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Torquatus
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Beitrag von Torquatus »

Hallo Heiko,
Heiko10 hat geschrieben:Hier der Link zu dem Werk: Cappelli, Adriano: Lexicon Abbreviaturarum. 2. verb. Aufl. Leipzig 1928. Mittelalterliche Brachygraphie.

http://inkunabeln.ub.uni-koeln.de/vdibP ... app23.html
herzlichen Dank für diesen wunderbaren Link. Dadurch wird meine Vermutung zur Gewissheit.

Danke
Gruß, Torquatus

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Chlodwig
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Beitrag von Chlodwig »

Heiko10 hat geschrieben: Hier zum Thema Abkürzungen im Mittelalter, allerdings für das Latein.
Wirklich ein toller Tipp, Heiko!

Darauf aufbauend erklärt sich mir die Häufigkeit der Abkürzungen in den Kirchen- und Amtsschriften aus einem anderen Blickwinkel, denn nicht allzu lange vor dem Mittelalter wurde ja alles in Lateinisch niedergeschrieben, d.h. die Abkürzbarkeit war geläufig und die Schreiber bedienten sich ihrer gerne.
Das machte vielleicht sogar Eindruck auf den Betroffenen des Schriftstücks, der dadurch nur noch die Hälfte verstand.

Ein weites Feld, aber wir suchen nicht nach Regeln, lieber Christoph.

Chlodwig
Gruß, Chlodwig
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