Bürgerort

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Torquatus
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Beitrag von Torquatus »

Da fällt mir auch noch einiges ein:

Mein Großvater war Bürger unserer Gemeinde, die 1929 zur Stadt eingemeindet (Stadtteil) wurde. Aus dem Besitz der Gemeinde, der dabei ja an die Stadt übertragen wurde, bekam er als "Bürger" noch lange Jahre Allmende (anklicken) Diese Zahlung war ein Ausgleich für seine entfallenen Rechte aus dem Gemeindevermögen (er durfte sich z.B. im Gemeindewald mit Holz versorgen).

Ich wurde mit 21 Jahren per Urkunde zum Bürger ernannt und bekam im Rahmen einer jährlich für alle Junggbürger stattfindenden Feier unserer Stadt einen Bürgerbrief überreicht. Ich habe gesucht, aber evtl. habe ich das Buch, in dem der Brief lag, weggeworfen :(

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Torquatus
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Beitrag von Torquatus »

Pass' also auf, daß Dir die Bürgerwürde nicht entzogen wird
und dass Deine Erben die Kosten für dein Wahlgrab bezahlen, sonst isses aus mit der Grabesruh. Soeben habe ich nämlich in der "Satzung der Stadt Mannheim über die Erhebung von Gebühren im Bestattungswesen" folgendes gelesen:
  • Nutzungsrechte an Wahlgräbern werden erst mit der Begleichung des vollen Betrages erworben. Wird die Gebühr trotz Mahnung nicht bezahlt, so sind die Friedhöfe Mannheim berechtigt, die Leiche umzubetten.
Aber: Unterschiedliche Gebühren für Bürger und Einwohner oder Fremde gibt es nicht. Sooo demogradisch simmer, bei uns is'n Doder 'n Doder :oops:

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Hugo
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Beitrag von Hugo »

Guten Tag
Vielen, vielen Dank für die zahlreichen Antworten.
Auf jeden Fall habe ich jetzt verstanden, das "Wohnort" und "Bürgerort" nicht das gleiche ist.
Ich hoffe, das ich dem EMail-Verfasser jetzt eine kompetentere Antwort geben kann.
Ich hatte ihm auch schon mitgeteilt, das ich mich bezüglich einiger seiner Ideen / Wünsche noch etwas mehr informiren muß, bevor ich antworte.
Nun habe ich hoffentlich für den Anfang alles zusammen.
:thanks:
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bjew
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Beitrag von bjew »

Hallo Hugo,
du solltest aber dennoch versuchen, die Herrschaften zu animieren, direkt hier mitzumachen. Auch dieses Forum lebt davon - vom Mitmachen vieler ....
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Hugo
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Beitrag von Hugo »

Guten Tag
Natürlich versuche ich es. Nur dieses ging über dritte (Das Zwischenglied hab ich ja schon hergeholt). Ich versuche an jeder Front, Werbung für hier zu machen.
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Torquatus
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Beitrag von Torquatus »

Nachtrag zum Thema Bürgerort:

Inzwischen hatte ich ein langes Telefongespräch mit meinem "Hobby-Historiker" zum Thema "Bürger und andere Einwohner". Trotz der Länge des Gespräches habe ich dabei nichts wirklich Neues erfahren.

Lediglich folgendes:

"Bürger" konnte im 18./19. Jahrhundert in unserer Gemeinde nur Männer werden, der hier geboren wurden, mind. 25 Jahre alt waren, verheiratet waren und Grundbesitz besaßen. Nur Bürger durften wählen und gewählt werden.

In diesem Zusammenhang erfuhr ich zu meiner Überraschung auch, dass der Beisaß kein Beisitzer (z.B. beim Gericht) ist, sondern ein "Neubürger einer Gemeinde war, die an der Allmende keine Rechte hatte".

Und wenn jemand als "Gericht" oder auch als "Schöffe" bezeichnet wurde (was ich in Kirchenbüchern schon oft gelesen habe), dann war das ein Gemeinderat.

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bjew
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Beitrag von bjew »

Hallo,
ist schon richtig. Der Beisaß war in der Regel (aus heutiger Betrachtung) Mieter = kein eigener Grundbesitz.
Nur der Grundbesitz = Realvermögen gab der Gemeinde die Sicherheit, dass der Bürger sich selbst versorgen konnte, alles andere Vermögen ist und war (also wie auch heute nocht) mehr oder minder flüchtig und dem Wertverfall unterlegen.
Auch heute mag die Bank als Sicherheit lieber Grundbesitz (= Realvermögen) als irgend ein anders Vermögen. Insofern hat sich ja eigentlich nur wenig verändert.

Frauen, Witwen (weibliche), Kinder, Gesinde, Hauspersonal (Gesellen, Knechte) waren immer hem Haus- / Familienvorstand unterstellt (auch wenn die Frau intern trotzdem hie Hosen anhatte). Rechte (bürgerliche) erhielten die Frauen ja erst im 20. Jhdt.

Gericht: Gericht war im Prinzip die Stelle, die die herrschaftlichen Rechte ausübte, verwaltete etc. Das war also nicht nur Rechtsprechung, sondern auch Rechtsaufsicht und herrschaftliche Verwaltung.
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Torquatus
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Beitrag von Torquatus »

Hallo Bernhard,
schon richtig. Der Beisaß war in der Regel (aus heutiger Betrachtung) Mieter = kein eigener Grundbesitz
so kann man sich irren. Habe gerade bei 8 Personen den Beisaß aus dem Beruf herausgenommen und in die Anmerkungen geschoben. Ich wunderte mich ohnehin schon darüber, dass jemand als Taglöhner zugleich Beisaß (in meiner bisherigen Betrachtung) sein konnte :oops:
Gericht: Gericht war im Prinzip die Stelle, die die herrschaftlichen Rechte ausübte, verwaltete etc. Das war also nicht nur Rechtsprechung, sondern auch Rechtsaufsicht und herrschaftliche Verwaltung.
Also auch so was ähnliches wie die Rentmeister und Schultheißen?

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bjew
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Beitrag von bjew »

Ne, Renmeister war für die "Rente" zuständig, vermutlich Domänenverwalter etc. Auch heute noch heissen die Forstverwaltungen von Turn und Taxis & Co. noch Rentämter. Also so zu lesen: Verwertung und Verwaltung von Gütern, Wäldern, Jagden etc (natürlich wieder mal Realitäten), daraus finanzielle Mittel für den Unterhalt schöpfen (was nicht unbedingt gleichzusetzen ist mit versilbern, was heute oft zu Unrecht unter Shareholder Value verstanden wird).

Schultheiß = Bürgermeister bzw ähnliches. Allerdings landschaftlich unterschiedlich. Meines Wissens im nördlichen Deutschland (evtl. preussischer Bereich) sicher Bürgermeister. In der Pfalz z.B. war der Schultheis(s) im Wesentlichen Steuersammler/Eintreiber für die Herrschaften (mehr des Landesherrn).

Insgesamt möchte ich dazu auf die Gebrüder Grimm verweisen. Nicht auf die Märchenbücher, sondern auf deren Standardwerk
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm

Gibt noch ein Paar. Aber es lohnt sich dort zu stöbern.
Zuletzt geändert von bjew am 04.04.2006, 12:08, insgesamt 1-mal geändert.
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Beitrag von Torquatus »

Hallo Bernhard,

dieser Link funktioniert leider nicht:

http://germa63.uni-trier.de:8080/Projec ... id=GA00001

Na, ich werde es später nochmals versuchen.

In meinem Brockhaus von 1898 steht folgendes (Auszüge):
*************************************************
Rentmeister
In einzelnen Ländern der Titel eines Kassierers, in anderen früher der höchste Finanzbeamte einer provinz, so in Bayern vom Ende des 15. bis zum Anfang des 19. Jahrh. und zwar hier nicht nur Kontrollorgan der Finanz-, sondern auch der inneren Verwaltung und Rechtspflege, also Generalinspektor der Provinz. ..... usw.

Schulze (Schulz oder Schultheiß)
Eigentlich Schudheis. Ursprünglich der Beamte, der welcher die Mitglieder der Gemeinde zur Leistung und Entrichtung ihrer Schudigkeit gegen den König oder Fürsten anzuhalten hatte. Der Name kommt von "Schuld" und "heischen", d.h. fordern. Der S. war Vorstehetr der Gemeinde und , wie der Graf Vorsteher des Gaues. Schon im Mittelalter erscheint der S. aber auch als Stellvertreter des Grafen. In den Städten kommt er dann häufig neben dem Vogt wor, doch war seine Stellung und Bedeutung in den einzelnen Städtehn verschieden. ....usw. Der Dorfschulze wird in einigen Gegenden auch Scholze, Richter, Dorfrichter, Bürgermeister, in Schleswig-Holstein Lehensmann genannt.
*************************************************

Also letztlich alles "Büttel" der jeweiligen Machthaber :(

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Beitrag von bjew »

Hallo,
habe den Link korrigiert - hatte ihn mir schon vor längerer Zeit gemerkt. Im Zweifel einfach über Google mit "uni-trier.de/Projects/WBB/woerterbuecher" suchen ....

Bei Gebr. Grimm:

RENTMEISTER, m. ein rechnungsbeamter, welchem einziehung und berechnung regelmäsziger einkünfte obliegt, vorsteher einer rentkammer. in LUTHERS bibelübersetzung im sinne von schatzmeister: Adoram war rentmeister. 2 Sam. 20, 24; es grüszet euch Crassus der stad rendmeister. Röm. 16, 23; der rentmeister den ritter mit dem golt suchen gieng. Galmy. 198. hierzu rentmeisteramt, n., rentmeisterei, f., rentmeisterisch, adj.

hab den Schutltheissentext verkürzt ....

SCHULTHEISZ, m. ortsvorsteher.



SCHULTHEISZ, m. ortsvorsteher.

I. herkunft, verbreitung und form.

1) schultheisz ist eine zusammensetzung aus schuld (vgl. das.) und dem alten nomen agentis zu heiszen, bezeichnet also einen, der eine verpflichtung gebietet, auferlegt. es ist eine gemeinwestgerm. bildung; dem goth. ist es fremd wie auch den nordischen sprachen, doch bietet ersteres die parallele bildung dulga-haitja, gläubiger (%u03B4%u03B1%u03BD%u03B5%u03B9%u03C3%u03C4%u03B7%u03C2, Luc. 7, 41). die formen der einzelnen westgerm. dialecte sind: ags. scyldhæ%u0302ta, -hêta (daneben scyldlæ%u0302ta?) exactor, postulator BOSWORTH - TOLLER 846b f., nur in einigen alten glossen, früh ausgestorben; altfries. skeltata, skelta, schelta RICHTHOFEN 1023--6 (ungemein häufig); alts. sculthêto, villicus
.......

(Text wieder rausgenommen, bjew)
----------------


So , ist ein bisserl viel worden. Für meine kurze Beschreibung hatte ich nicht mehr extra nachgesehen, nur mein Halbwissen preisgegeben :D
Also letztlich alles "Büttel" der jeweiligen Machthaber :Sad:
Diese Folgerung behält trotzdem seine Gültigigkeit und beschreibt die Tätigkeit ganz exakt.

Auch die heutigen Büttel, Koffer- und Wasserträger, putzen sich noch immer gerne heraus, ob mit Kleidung, (Schein-) Position oder Gehabe.
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Beitrag von bjew »

An sonsten würde ich noch gerne das DEUTSCHES RECHTSWÖRTERBUCH (DRW) empfehlen. Ist zwar leider noch nicht vollständig (nicht alle Buchstaben) - habe dort aber schon viel gefunden.
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